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25.10.2013 Seite

Internationale Telekommunikations-Energiekonferenz INTELEC 2013: Ohne Power keine Kommunikation

Wie stark sind Energieversorgung und Telekommunikation miteinander verzahnt? Welche Fortschritte gibt es bei Energiespeichern? Kann Gleichstromtechnik künftige Netze effizienter, flexibler und kostengünstiger machen? Fragen wie diese und ihre Antworten standen im Mittelpunkt der internationalen Konferenz und Ausstellung INTELEC, die vom 13. bis 17. Oktober im Congress Center Hamburg stattfand. INTELEC ist seit 1976 eine weltweit anerkannte Plattform für den Wissenstransfer im Bereich der IKT-Energieversorgung. Organisiert wurde die 35. Veranstaltung dieser Art, an der über 750 Teilnehmer aus 75 Ländern und 80 Aussteller beteiligt waren, von der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE (VDE|ITG) in Kooperation mit dem Institute of Electrical and Electronics Engineers und der Power Electronics Society. In seiner Begrüßungsansprache wies Prof. Norbert Graß, Wissenschaftlicher Tagungsleiter und einer der Institutsleiter für Leistungselektronische Systeme (ELSYS) an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, darauf hin, welch große Bedeutung Zuverlässigkeit und Effizienz der Energieversorgung für die Telekommunikation und Internetanbieter inzwischen haben. Andererseits sind intelligente Netze gerade durch den massiven Einsatz von IKT gekennzeichnet. „Alles hängt miteinander zusammen“, so Graß. Die INTELEC 2013 stand unter dem Motto „Smart Power and Efficiency“.

In Hamburg drehten sich Vorträge und Diskussionen um technische Innovationen aus den Bereichen Energie und Energiesicherheit, im Fokus standen Lösungen rund um die Bereitstellung und Speicherung von Energie sowie „Green Energy“. Dringend gesucht sind kosten- und umweltverträgliche Konzepte, die Stromnetze auch unter den Bedingungen der Energiewende mit hoher Versorgungssicherheit aufrecht zu halten, also mit vielen dezentralen und regenerativen Energieerzeugern in den Verteilnetzen. „Eine Diskussion, auf die ich mich sehr freue und die über die INTELEC hinausweist, ist eine Grundsatzdebatte unter der Betrachtung der beiden Pole „Spannungsebene“ auf der einen und „Sicherheit“ auf der anderen Seite. Während in der IT-Welt vor allem Wechselspannung zum Einsatz kommt, setzt die Nachrichtentechnik traditionell auf Low Voltage DC, also Gleichspannung“, konstatiert Dr. Bruno Jacobfeuerborn, Tagungsleiter der INTELEC, Geschäftsführer Technik der Telekom Deutschland GmbH und Chief Technology Officer der Deutschen Telekom AG. Fakt ist, mit der zunehmenden Verbreitung von Breitband-Internetzugängen und dem Trend zur All-IP wachsen diese beiden Welten zusammen. Deshalb stellt sich diese Frage nach Wechsel- oder Gleichspannung erneut. „Das ist eine technologische, wirtschaftsökonomische und letztlich auch eine philosophische Frage. Aus meiner Sicht zeigt sich hier sehr schön, wie die Branche gemeinsam und konstruktiv nach der besten Lösung sucht“, so Jacobfeuerborn, der außerdem stv. VDE-Präsident ist.

Lithium-Ionen-Batterien immer wichtiger für die Industrie

Eine Komponente mit immer größerer Bedeutung sind Energiespeicher, die zum Ausgleich fluktuierender Erzeugung gebraucht werden, wie sie für Windkraft und Photovoltaik typisch ist. „Der Bedarf an Energiespeicherung in Deutschland ist erheblich, kurzfristig, für 2 bis 4 Stunden, liegt er bei 40 bis 50 Gigawatt, langfristiger gesehen, für bis zu 3 Wochen, beträgt er 40 bis 60 Gigawatt“, erklärte Dirk Uwe Sauer, Professor für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik am Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) an der RWTH Aachen, in seinem Plenums-Vortrag. Bei Lithium-Ionen-Systemen, die auch in der stationären Anwendung an Gewicht gewinnen, sind die Preisunterschiede zu Bleibatterien immer noch erheblich, derzeit beträgt das Verhältnis rund 300 Euro pro Kilowattstunde zu 100 €/kWh. Beide Varianten weisen auch deutliche technische Unterschiede bei Kapazitäten und Spannungen, Ladezyklen und Lebensdauer auf. Für den Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien in der Industrie sprechen vor allem eine hohe Energiedichte, das leichte Gewicht, die inzwischen verbesserte Leistung sowie der lange Lebenszyklus. Nach einer aktuellen Studie von Frost & Sullivan lag der Umsatz für Lithium-Ionen-Batterien für die Industrie 2012 bei knapp 750 Millionen US-Dollar und wird bis 2017 voraussichtlich auf über 1.6 Milliarden Dollar ansteigen. Vollautomatisierte Produktionstechniken versprechen zudem, dass die Kosten gerade für großformatige Lithium-Ionen-Zellen weiter deutlich von heute über 500 auf nur noch 250 €/kWh sinken werden.

„Wir verwenden erfolgreich und seit Jahren bereits an allen Standorten Speicher und sichern damit unser Netz bei Stromausfällen“, betont Jacobfeuerborn. Offenbar mit Erfolg – bei mehr als 10.000 Stromausfällen pro Jahr bei den Stromversorgern haben nur ganz wenige auch Auswirkungen auf Kunden der Telekom gehabt. Die Versorgungssicherheit von Low Voltage DC erreicht inzwischen 99.999983 %, ein kaum noch zu übertreffender Spitzenwert. Bewährt hat sie sich auch unter den schwierigen Bedingungen bei der Hochwasserkatastrophe in Süd- und Ostdeutschland im Juni 2013, als die Aufrechterhaltung der Telekommunikation einen wesentlichen Beitrag zu den Abwehrmaßnahmen leisten konnte.

Leistungselektronik und DC-Technologie unverzichtbar für das Netz der Zukunft

Die IKT wird für die Energieversorgung mit ihrer kritischen Infrastruktur zu einem unverzichtbaren Baustein – gerade im Hinblick auf volatile erneuerbare und dezentrale Erzeugung sowie hinsichtlich Energiespeicher und Elektromobilität. Eine Steuerung durch ein intelligentes Netzmanagement gewinnt zunehmend an Bedeutung. „Konkret heißt das, dass parallel zum Energienetz ein Kommunikationsnetz zum Transport von Informationen notwendig sein wird. Und genau hier kommt die erstklassige Infrastruktur unseres Telekommunikationsnetzes ins Spiel“, betont Jacobfeuerborn. Denn durch bestehende Festnetz- und Mobilfunktechnologie und die entsprechende Bandbreite werden auch Haushalte, dezentrale Erzeuger und Ortsnetzstationen sogar in den ehemals letzten weißen Flecken angebunden. In seinem Vortrag „Leistungselektronik – Schlüsseltechnologie für künftige elektrische Netze“ wies Prof. Rik W. De Doncker, Leiter des ISEA an der RWTH Aachen, darauf hin, dass Leistungselektronik ebenfalls ein Schlüssel zur Stromübertragung und -verteilung der Zukunft ist. „Sie ist ein Mittel, um die notwendige hohe Flexibilität zwischen den verschiedenen Netzebenen zu erreichen“, so De Doncker. Der Energiefachmann hat zudem die Vorteile der Gleichstrom-Technologie hervorgehoben, die dazu beitragen wird, die Netzte effizienter, flexibler und kostengünstiger zu machen. Eines hat auch die INTELEC 2013 in Hamburg wieder deutlich gezeigt: Nur die Informations- und Kommunikationstechnologie kann Transparenz sowohl auf der Niederspannungsebene als auch auf der Ebene intelligenter Stromnetze und Energielösungen schaffen. Die Abhängigkeit gilt aber in beide Richtungen: Power braucht Kommunikation, aber Kommunikation braucht auch Power.