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Die neue VDE-Anwendungsregel „Kaskade“ (VDE-AR-N 4140) verbessert die Zusammenarbeit der
Netzbetreiber in kritischen Netzsituationen.

| VDE/FNN
07.02.2017

VDE-Anwendungsregel „Kaskade“ verbessert Zusammenarbeit der Netzbetreiber

Die von VDE|FNN erstellte Anwendungsregel sorgt für schnelle Zusammenarbeit zwischen Netzbetreibern in kritischen Netzsituationen und stellt eine Weiterentwicklung des bewährten Kaskaden-Prinzips über alle Netzbetreibergrenzen hinweg dar. Eine funktionierende operative und informatorische Kaskade ist Voraussetzung für einen zuverlässigen System- und Netzbetrieb

Wenn es brennt, bleibt keine Zeit für lange Erklärungen und Fragen. Was für die Feuerwehr oder auch Flugzeugbesatzungen gilt, trifft genauso auch für die Betreiber der Stromnetze zu. In kritischen Netzsituationen, wenn die Maßnahmen eines einzelnen Netzbetreibers nicht ausreichen, ist es ihm gesetzlich gestattet, weitere Maßnahmen bei nachgelagerten Netzbetreibern zur Unterstützung anzufordern. Die Zusammenarbeit der Netzbetreiber läuft dann nicht mehr im Normalbetrieb, sondern es gibt klare Rechte und Pflichten zur Unterstützung über Netzbetreibergrenzen hinweg. Damit sich im Vorfeld alle Netzbetreiber auf eine solche Situation vorbereiten können, sind klare Beschreibungen von Verantwortlichkeiten, Reaktionszeiten und Kommunikationswegen notwendig. Dazu tritt am 1. Februar 2017 die neue VDE-Anwendungsregel „Kaskadierung von Maßnahmen für die Systemsicherheit von elektrischen Energieversorgungsnetzen“ (VDE-AR-N 4140) in Kraft. 
 
Sie legt das Zusammenwirken der Netzbetreiber bei Gefährdungen oder Störungen der
System- bzw. Netzsicherheit fest. Dazu definiert sie in einem ersten Schritt klar die Rollen
aller Beteiligten. So weiß jeder Netzbetreiber, wer die Kaskade auslösen darf, wer wann wie zu reagieren hat und wann sie abgeschlossen ist.
 
Es werden fünf Szenarien beschrieben, in denen die operative Kaskade zur Anwendung
kommen kann:
•  Netzengpass wegen Erzeugungsüberschuss oder zu geringer Netzlast,
•  Systembilanzabweichung wegen Erzeugungsüberschusses oder geringer Netzlast,
•  Netzengpass wegen zu hoher Netzlast oder zu geringer Erzeugung,
•  Systembilanzabweichung wegen Erzeugungsmangel oder zu hoher Netzlast,
•  Spannungsproblem (schleichender Spannungskollaps).
 
Außerdem legt sie die dann notwendigen Handlungsabfolgen detailliert fest. Ist die Kaskade einmal aktiviert, darf es keine Verzögerungen in den Handlungsabfolgen und der Kommunikation geben. Daher listet die Anwendungsregel die Reihenfolge der Handlungen für jedes der Szenarien übersichtlich in Tabellen auf. Vor- und nachgelagerte Netzbetreiber können sich so frühzeitig vorbereiten. Die Anwendungsregel enthält außerdem Standardformulare zur Abwicklung der Kommunikation. Diese einheitlich aufgebauten Formulare helfen in zeitkritischen Situationen, Fehler zu vermeiden. Diese Hilfsmittel erleichtern die praktische Umsetzung. Erstmals gibt die Anwendungsregel auch konkrete Reaktionszeiten vor. Denn der anfordernde Netzbetreiber muss sich darauf verlassen können, dass seine angeforderten Maßnahmen auch in kurzer Zeit Wirkung zeigen. Jede Stufe der Kaskade hat daher maximal 12 Minuten Zeit für die angeforderten Maßnahmen. Da sich viele Unternehmen auf die Umsetzung dieser zeitlichen Anforderungen vorbereiten müssen, wurde hierfür eine Übergangsfrist von zwei Jahren festgelegt.
 
Die Anwendungsregel „Kaskade“ (VDE-AR-N 4140) ist ein wichtiger Baustein, das System auf die Umsetzung der Energiewende vorzubereiten. Konkret wird damit die Grundlage für netzübergreifende Reaktionen auf kritische Netzsituationen gelegt. Sie ist Teil der Aktivitäten von VDE|FNN, den jederzeit sicheren Systembetrieb bei steigender Aufnahme von Strom aus erneuerbaren Energien sicherzustellen. Die Anwendungsregel ist Teil des VDE-Vorschriftenwerks und über den VDE-Verlag zu beziehen.